Wieso bist du hier, Erin? Diese Frage stellt sie sich, als sie in den kleinen Spiegel blickt, das Badezimmer wirkt steril und generisch, so wie alles in diesem Ferienhaus. Ihre Nasenspitze kitzelte immer beim Anblick ihrer eigenen Sommersprossen und sie zieht sie ein wenig nach oben. Ihre blauen Augen sind gütig und alles, woran sie denken kann, ist, dass sie nicht hier her gehört. Nicht an diesen Ort und nicht in diese Zeit und nicht in diesen Körper, der gleichzeitig zu alt und zu jung ist. Wie ein einziger Mensch so viele Widersprüche umfassen kann, ist ihr ein Rätsel. Es ist wie ein Schicht um Schicht beschriebenes Palimpsest von Lebensgeschichten, der Ursprung längst nicht mehr zu erkennen. Das was die Welt zusammen hält, das was sie zusammenhält, sind die mit denen sie sich umgibt, ihre Wegbegleiter, dessen ist sie sich bewusst. Frédéric, dem sie sich auf eine Art verbunden fühlt, als würde ein Teil von ihr außerhalb ihres Körpers existieren. Oder Urian, der so sorgfältig in seiner Unbeständigkeit ist und dem sie dennoch, ohne den Grund dafür benennen zu können oder zu wollen, ihr Leben anvertrauen würde. Arianna und ihre Lust zu lachen, aber auch ihre Art sie in Frage zu stellen, sie herauszufordern, sie voranzubringen. Und dann war da Bartosz, der sie ständig hoffen ließ, darauf, dass das alles einen Sinn hatte und es nicht vergebens war. Sie braucht sie, jeden von ihnen. Und dann weiß sie wieder, wieso sie hier ist: weil auch sie gebraucht wird.